Monrose und das leidige Thema ‚Playback’

Immer wieder werden Fragen gestellt, respektlose Behauptungen aufgestellt und Unverständnis gegenüber der Tatsache geäußert, dass Monrose im Fernsehen überwiegend mit (Voll-) Playback auftreten. Es entsteht sogar der Eindruck, dass diese Präsentationsform noch nie so oft und ausführlich, um nicht zu sagen penetrant thematisiert wurde, wie seit der „Geburt“ dieser Gruppe.

Ungeachtet dessen, dass sich die meisten sicher nur für Teilaspekte dieses Themas interessieren, andere gar schon jetzt gelangweilt sind, will ich doch mal versuchen, einen Kurzabriss der Gesamtthematik zu liefern und beschränke ich mich auf Bereiche, die eigentlich von jedem hier verstanden werden sollten. Denn eine allgemeine Betrachtung würde nicht nur sehr „technisch“ und „musikalisch“ werden, sondern würde gleich ein ganzes Buch füllen.

Obwohl es weit mehr Aspekte gibt, die bei einer zufrieden stellenden Live-Tonübertragung beachtet werden müssen, will ich hier nur die drei Punkte betrachten, die mir im Zusammenhang mit Monrose am wichtigsten erscheinen.

1. Der Beruf des Tonmeisters (offizielle Bezeichnung in Deutschland) ist eigentlich ein Ausbildungsberuf mit ursprünglich sehr anspruchsvollen Eingangsvoraussetzungen – u.A. neben technischen Grundkenntnissen auch das Beherrschen des Klaviers und eines anderen, beliebigen, Instrumentes; das Klavier wurde irgendwann gestrichen. Wie in der Computerbranche dürften aber heute die meisten am Mixer sitzenden Techniker wohl mehr oder weniger talentierte Seiteneinsteiger ohne fundamentale Kenntnisse sein. Der Begriff Amateur wäre hier aber trotzdem nicht ganz angemessen, obwohl es auch unter den Amateuren durchaus nicht weniger kompetente Kandidaten gibt. Dass die Rundfunkhäuser, die früher „Hauptabnehmer“ der ausgebildeten Techniker waren, heute auch nur noch ein Mindestmaß an technischer und musikalischer Kompetenz unterhalten ist wohl eine (Personal-) Kostenfrage und wird durch die Tatsache, dass dort traditionell ein Teil der Ausbildung abgewickelt wurde (und immer noch wird), kaum aufgewogen. Denn die Technik ist in den letzten Jahrzehnten zwar immer leistungsfähiger und billiger geworden, aber in Teilen auch komplizierter. Zudem ist der Anteil an Computertechnik heute so groß, dass man hier in Kenntnisfragen häufig den Schwerpunkt sieht und musikalisches in den Hintergrund gedrängt wird.

2. Der Live-Mix besteht im Grunde aus zwei Teilen. Zum einen natürlich das, was das Publikum zu hören bekommt und zum anderen aber der Monitormix, an dem normalerweise überhaupt nichts „nachgeregelt“ werden muss, aber bei einer Gesangsgruppe – je nach Arrangement – recht diffizil sein kann. Für beide Aspekte gilt, dass die Herausforderung steigt, wenn mit Headsets gearbeitet wird. Warum das so ist, erläutere ich später.

3. Speziell im Falle von Monrose (aber nicht nur da) tut man den Mädchen mit den eingekauften Liedern und der Art, wie sie für die Platte produziert werden oft keinen Gefallen, denn die Live-Abstimmung spielt eingangs (im Studio) offensichtlich kaum Beachtung. Auch die Mädchen selbst haben sicher andere Prioritäten, nach denen sie ihre Lieder (mit-)aussuchen. Der einzige auffällige Aspekt, dem anscheinend Rechnung getragen wird, ist die Frage, wer unter schwierigen Bedingungen noch die Stimme „findet“. Das ist aber nur eine unbewiesene Vermutung von mir.

 

Ich fange mal mit dem letzten Punkt an, weil’s eigentlich eine Nebensächlichkeit ist: Manche haben sich vielleicht schon gewundert, warum es meist Bahar ist, die vor allem die ganz ruhigen Liedanfänge „bestreitet“. Der Grund ist so einleuchtend, wie unverständlich für die meisten. Sie ist die intonationssicherste Sängerin bei Monrose, auch wenn der instrumentale Rahmen nur wenig „fest“ ist. Sie hat ein gutes Gehör und Gefühl für die „innere“ Stimme und muss daher nicht lange suchen. Die Anderen können sich da leicht ranhängen (sagt man so). Mandy und Senna sind da aber nicht wirklich schlechter. Denn bei vielen Monrose-Liedern fällt auf, dass wenig zusammen gesungen wird, sondern viel mit Übernahme, oft mit einer Pause davor. Das heißt, dass jedes Mal die Stimme neu gefunden werden muss, womit sich Senna noch am schwersten tut. Nichts gegen Kati und Alex, aber ich habe bisher noch nie ein Lied von denen gehört, bei dem sie sich einer solchen Herausforderung stellen mussten, was aber nicht heißt, dass ich ihnen nicht zutrauen würde, dies bewältigen zu können. Aber es gibt eben leichtere Wege, zu „glänzen“.

Die Parts müssen für die Live-Performance oft neu „gemischt“ werden, da die Studio-Parts nicht eins zu eins auf die Bühne gebracht werden können. Dass den Hörerwartungen des Publikums dabei nicht unbedingt entsprochen werden kann, bleibt sicherlich zweitrangig, aber die Lieder müssen für die Bühne neu einstudiert werden. So wie die Studioarbeit läuft (viel Stückwerk), ist die Vorbereitung der Bühnen-Performance aber sowieso häufig das erste Mal, sich mit dem Lied als Ganzes zu befassen. Doch das nur am Rande.

Zu Punkt 1 u.2:

Wenn „Voll-Live“ gearbeitet wird, also mit Band, wird vor dem Auftritt ein Soundcheck gemacht. Neben dem „kennen lernen“ des Bühnen- und Raumklangs und dem sich grundsätzlichen „Einrichten“ auf der Bühne sowie dem Bandmix (bei dem zur Vorausschau unfähige Amateure schon mal scheitern, ohne es selbst zu merken) konzentriere ich mich hier mal auf die für die Hauptfrage relevanten Aspekte.

Steht der Bandsound erstmal, bleibt für den Tontechniker hauptsächlich nur noch das angemessene hervorheben von solistischen „Einlagen“. Musiker die auf der Bühne bereits mit elektrischer Verstärkung arbeiten (z.B. Gitarristen, Keyborder, ggf. auch Bassisten) regeln das, soweit es den Bühnensound betrifft, oft selbst. Trotzdem braucht die PA (Public Address = Raumpublikum, Radio-, TV-Übertragung) oft eine gesonderte Abstimmung. Bei rein akustischen Instrumenten (z.B. Bläser, Streicher – den klassischen Flügel findet man kaum noch) ist das aber unerlässlich.

Ist dieser Bereich erstmal zufrieden stellend gelöst, was oft genug nicht der Fall ist (wer erinnert sich nicht an den einen oder anderen Fernsehauftritt, wo ein Gitarrist ein Solo spielt aber der „falsche“ Gitarrist lauter gemacht und der Bassist gezeigt wird – oder so ähnlich), herrschen schon mal die gleichen Vorrausetzungen wie für das Halbplayback. Soweit – so gut.

Bei der eben beschriebenen Problematik mit den Solisten wird deutlich, dass der Tonmeister immer „mitarbeiten“ muss. Idealerweise setzt das schon mal voraus, dass er die Lieder kennt und genau weiß, was wann passiert. Hier kann wohl jeder nachvollziehen, dass dies bei selteneren Gästen in Fernsehsendungen wohl eher nicht der Fall ist. Topstars können an dieser Stelle übrigens wirkungsvoll eingreifen und tun es zuweilen auch – je nach Wichtigkeit des TV-Events (dass z.B. das Hotelzimmer komplett weiß zu sein hat, ist nicht die einzige Forderung, die die betreffenden Stars stellen).

Ein(e) Einzelsänger(in) stellt hier eine vergleichsweise einfache Aufgabe dar, zumal wenn er/sie nicht tanzt. Einen Roger Cicero oder H.R. Kunze auszumixen ist an Trivialität jedenfalls kaum zu unterbieten, da ihr Gesangsstil nur wenig Dynamik aufweist und sie den Rest mit perfekter Mikrofontechnik (Mikro-Entfernung je nach eigener Lautstärke variieren) wettmachen.

Kommen wir zu Monrose, wobei das Folgende natürlich auch für andere, ähnliche Gesangsgruppen gilt:

Hier haben wir drei „Soloinstrumente“, die im stetigen Wechsel im Vordergrund stehen und zwischendurch als klangliche Einheit erklingen müssen. Trotz guter Mikrofontechnik (die mir im übrigen bei den allermeisten Popstars-Kandidaten immer wieder positiv auffällt), bleibt immer noch genug für den Mann am Mixer zu tun. Eigentlich braucht man sogar mindestens zwei, insbesondere dann, wenn mit In-Ear-Monitoring gearbeitet wird (hier sehe ich auch den größten Nachteil bei diesem System). Denn auch die Sänger(innen) benötigen je nach Situation einen anderen Mix, um wirklich Kontrolle zu haben. Das allein fordert schon Einarbeitung auf der technischen und musikalischen Seite.

Um es verständlicher zu machen, gehe ich mal in’s Extrem – Das Headset:

Beim einem Headset besteht nicht mehr die Mögliche den Abstand des Mikrofons zu varrieren. Zu der eben beschrieben Situation mit wechselnden Solosänger(innen) kommt die Tatsache, daß unabhängig von der arrangierten Gesangsdynamik sich die Lautstärke mit der Stimmlage verändert. Ein gutes Beispiel ist hier Bahar, die in dieser Disziplin ihren größten Schwachpunkt hat. Obwohl sie auch in tiefen Lagen noch recht intonationssicher ist, wird sie dabei doch sehr leise. Im Studio kein Problem, aber live müsste da idealerweise technisch „nachgeholfen“ werden – nicht nur für die PA, damit das Publikum was hört, sondern auch im Monitor der Sänger(innen) , was beim „hochziehen“ die Gefahr des Feedback mit sich bringt (nicht bei ‚In-Ear‘) – neulich erst in Berlin bei WYDK beobachtet . In hohen Lagen singen die meisten Menschen automatisch lauter, in den höchsten Lagen werden viele wieder leiser, wenn sie diese denn überhaupt „kriegen“. Die Lauteste in hohen Lagen ist Senna (Mandy’s „Röhre“ hat mehr mit dem Klang ihrer Stimme zu tun, als mit der Lautstärke – unbedingt ein Pluspunkt). In diesen Lagen befindet sich Senna aber oft bei AdLibs, die ja arrangement-technisch eher in den Hintergrund gehören, was also bei einem Headset ohne „eingeweihten“ Tonmeister nicht zu bewältigen ist. Es liegt übrigens wohl auf der Hand, dass solcherlei Liedgut, wie wir es von Monrose kennen, a’capella und ohne Einzelmikrofon – die reinste Form des Live-Vortrags – nicht in gewohnter Form dargebracht werden kann, genauso wie man ein (gewolltes) Feedback nicht aus einer Konzertgitarre herausbekommt. Dazu kommt – das betone ich nochmals – dass die akustischen Ereignisse auf der Bühne i.d.R. nicht eins zu eins auf das elektronische Medium übertragen werden können.

Habe ich also nicht das ’standing‘, meine eigene technische Crew mitzubringen oder den Tonmeister vor Ort einem „Training“ zu unterziehen, werde ich mich wohl (oder übel) mit Voll-Playback im Fernsehen begnügen müssen, damit sich der Praktikant im Regieraum entspannt zurücklehnen kann.
(P)

52 Kommentare zu “Monrose und das leidige Thema ‚Playback’

  1. Der schlimmste „Tönekotzer“ 😉 der mir je begegnet ist, ist übrigens er hier:

    JEDE erste Silbe („would“, „if“), vor allem im Refrain („I“), SCHLIMM! DER hatte bestimmt nie Gesangsunterricht.

  2. Danke Purple. Ich hatte es schon mal überflogen, aber man muss es konzentriert lesen, damit man durchblickt.

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